Dringlichkeitsantrag LK

RESOLUTION

an den Landesrat für Landeskliniken betreffend Situation im Landesklinikum Wiener Neustadt

in die Tagesordnung der Sitzung des Gemeinderates der Stadt Wiener Neustadt am 28. März 2022 aufzunehmen.

Der Gemeinderat beschließe:

Der Wiener Neustädter Gemeinderat fordert den Landesrat für Landeskliniken auf, umgehend tätig zu werden und gemeinsam mit der Landesgesundheitsagentur die untragbare Situation im Landesklinikum Wiener Neustadt zu beenden bzw. die medizinische, pflegerische und verwaltungstechnische  Versorgungssicherheit so wiederherzustellen, dass sie dem heutigen Stand der Wissenschaft entspricht. Konkret fordern wir:

1)      Sofortige Einstellung von mehr Personal in allen Bereichen, um den akuten Versorgungsengpass zu beseitigen und kommenden Engpässen vorzubauen.

2)      Aufstockung der Bettenanzahl mit Bedachtnahme auf die Einwohner:innendichte in der Thermenregion und der zu erbringenden medizinischen Leistungen als Schwerpunktkrankenhaus.

3)      Schaffung besserer Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter:innen (u.a. Arbeitszeit, nachvollziehbare Diensteinteilung, Ausbezahlung von Überstunden, etc.).

4)      Durchführung einer anonymen Bedienstetenbefragung – durchgeführt von einer unabhängigen Kommission, zusammengesetzt unter anderem aus der NÖ Patientenanwaltschaft, einem Vertreter von AK/ÖGB und Gesundheitsökonom:innen und dem Amtsarzt der Stadt Wiener Neustadt. Ziel: Ohne arbeitsrechtlichen Druck Missstände identifizieren und Lösungsvorschläge/Ideen der direkt Betroffenen generieren.

5)      Umsetzung eines Personalschlüssels und des von Expert:innen lange geforderten wissenschaftlich basierten Pflegeschlüssels in Niederösterreich, um eine angemessene medizinische und pflegerische Behandlungsqualität zu gewährleisten.

6)      Finanzielle Aufwertung für Pflegefachassistent:innen an den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen in Niederösterreich. Vollzeitarbeit gehört gerecht entlohnt!

7)      Finanzierung zusätzlicher Studienplätze an medizinischen Hochschulen durch das Land NÖ. Diese sollen Student:innen zur Verfügung stehen, die sich verpflichten, nach dem Studienabschluss mindestens 5 Jahre in einem NÖ Landesklinikum zu arbeiten (ähnlich dem Modell Burgenland).

Begründung:

Das Landesklinikum Wiener Neustadt ist – wie viele andere Spitäler im Land (u.a. Umstellung auf Notfallbetrieb in Baden/Mödling) – in den letzten Tagen in die Schlagzeilen gekommen. Dringende OPs werden immer wieder verschoben, Patient:innen werden wieder heimgeschickt, teilweise mitten in der Nacht, weil die personellen Kapazitäten fehlen, Ärzt:innen und pflegerisches Personal verlassen scharenweise das Haus – die einen (völlig ausgebrannt) nach vielen Jahrzehnten Tätigkeit, die anderen schon nach wenigen Wochen. Dies ist nur ein kleiner Auszug der Problemstellungen.

Seit Tagen melden sich Mitarbeiter:innen bei mir und der SPÖ und berichten von inakzeptablen Zuständen. Diese haben in den letzten Jahren zu mehreren Strukturmängelanzeigen geführt, unterschrieben von der Betriebsratsvorsitzenden, die als ÖVP-Gemeinderätin eine in jeder Hinsicht unverdächtige Zeugin ist.

Wenn manche nun argumentieren, dass die Pandemie die aktuell äußerst kritische Lage herbeigeführt hat, dann ist das nur die halbe Wahrheit. Denn: COVID hat lediglich das Brennglas auf lange vorhandene Unzulänglichkeiten geworfen und strukturelle Mängel offen gelegt. Faktum ist: Seit Jahren wird ein Sparkurs gefahren, der eine personelle Ausdünnung bei den Ärzt:innen sowie im Pflege- und Verwaltungsbereich mit sich brachte. Trotzdem wurden diverse hochbezahlte Managementebenen eingezogen. Die Strukturen und Entscheidungen sind völlig intransparent. Und an der Basis, dort wo die Arbeit mit den Patient:innen passiert oder der laufende Betrieb im Haus aufrechterhalten werden muss, fehlt es an allem. So traurig es klingt: Das Spital wird von den Verantwortlichen sehenden Auges und fahrlässig gegen die Wand gefahren.

Dazu kommt: Die Mitarbeiter:innen trauen sich ihre Problemen und Sorgen nicht zu artikulieren. Warum? Weil sie  Angst haben. Angst um ihren Job und Angst um ihre Zukunft. Denn der Druck ist enorm, die Belastung gewaltig. Da fragt man sich schon, wie weit wir gekommen sind, wenn berechtigte Kritik nicht mehr angebracht werden darf. SO kann es jedenfalls nicht weitergehen: Denn es geht hier um Menschen und um Menschenleben. Und es geht um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung unserer Region.

JETZT sind die politisch und organisatorisch Verantwortlichen in der Pflicht. Und damit meinen wir nicht allein die Führung vor Ort, denn die ist meist selber nur Passagier. Gefordert sind die wirklichen Entscheidungsträger:innen, jene also im Landhaus in St. Pölten, die diese Misere herbeigeführt haben. Ihre Aufgabe ist es, dringend die Dinge zum Besseren zu verändern. Politisch motivierte Rundumschläge ohne Substanz, um vom eigenen Versagen abzulenken, oder inhaltsleere Beschwichtigungs-Pressekonferenzen, in denen die Lage beschönigt wird, bringen nichts. Pro-aktives Handeln ist gefragt.

Im Interesse der leidgeprüften Ärzt:innen, Pfleger:innen und Verwaltungsbediensteten, die völlig allein gelassen werden und unter schwierigsten Arbeitsbedingungen 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche Herausragendes leisten, wofür man sich nicht oft genug aus ganzem Herzen bedanken kann.

Im Interesse der medizinischen Versorgungssicherheit Wiener Neustadts und der gesamten Region.

Und im Interesse der tausenden Patientinnen und Patienten aus Stadt und Land, die ein Recht auf ein funktionierendes Landesklinikum haben!

Tatsache ist: Wir können nicht mehr warten oder auf das Prinzip Hoffnung vertrauen. Und genau daraus ergibt sich auch Dringlichkeit des Antrages.

 

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